Wirtschaftsstrafrecht

Wirtschaftsstrafrecht im eigentlichen Sinne ist ein Strafverfahren, das nach § 74 c des Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) der Wirtschaftsstrafkammer beim Landgericht zugewiesen ist. Nach dem üblichen Sprachverständnis wird der Begriff aber wesentlich weiter gefasst.

So wird jedes Ermittlungs- und Strafverfahren, bei dem es um den Vorwurf der Begehung strafbarer Handlungen bei unternehmerischer Tätigkeit geht, häufig als "Wirtschaftsstrafsache" bezeichnet. Kurz und allgemein: alle Strafverfahren, die Unternehmen betreffen.

Das besoderere an Wirtschaftsstrafsachen ist, dass in der Regel Personen betroffen sind, die in bürgerlichen Verhältnissen leben und meistens keine Vorstrafen haben.

Hier werden die Ermittlungen - die häufig mit einer Durchsuchung von Firma und Wohnung verbunden sind - als sehr belastend und vor allem auch rufschädigend empfunden.

Die frühe Einschaltung eines Rechtsanwalts gleich zu Beginn des Ermittlungsverfahrens ist daher in diesen Fällen ebenfalls regelmässig zu empfehlen.

Was Sie in diesem Zusammenhang beachten sollten: in Wirtschaftsstrafsachen sind regelmässig sogenannte Entscheider betroffen. Ein Unternehmer bzw. eine Führungskraft ist es regelmässig gewohnt, schnell und selbst Entscheidungen zu treffen. Gerade in umfangreichen Strafsachen geht es jedoch selten schnell zu und der Beschuldigte kann in einem Strafverfahren auch wenig selbst entscheiden. Über eine Anklageerhebung entscheidet vielmehr die Staatsanwaltschaft und das Urteil fällt ein Gericht nach eventuell langer Hauptverhandlung. "Schnell und selbst entscheiden" ist in einem solchen Umfeld daher manchmal völlig verkehrt, auch wenn es im eigentlichen Berufs- und Lebensumfeld des Beschuldigten sonst richtig sein mag. Dem einen oder anderen mag es daher schwer fallen, Ratschlägen seines Verteidigers zu folgen, zumal dann, wenn das Verfahren sich hinzieht oder der Rat zunächst darin besteht, erst einmal den weiteren Gang des Ermittlungsverfahrens abzuwarten. Strafverfahren brauchen also Geduld, manchmal viel Geduld!

Eine gute Verteidigung erfordert in jedem Fall den intensiven, vertrauensvollen und auch offenen Dialog zwischen Mandant und Rechtsanwalt, der dann zu einem sinnvollen Verteidigungskonzept führt.


Bei der Auswahl seines Verteidigers sollte man daher berücksichtigen, dass vor allem Wirtschaftsstrafsachen in der Regel umfangreich sind und die Verfahrensdauer oft sehr lang ist. Verteidiger und Mandant müssen über diesen Zeitraum miteinander "klar kommen", menschlich also harmonien. Denn im Gegensatz zu einer "schnellen" Strafsache wird ein langes - unter Umständen mehrmonatiges oder sogar mehrjähriges - Ermittlungs- und Strafverfahren sich kaum mit Erfolg führen lassen, wenn zwischen dem Mandanten und seinem Verteidiger menschliche Spannungen auftreten.